SR500-Freunde

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Ventile

Es gibt offizielle Werte zum Ventilspiel  und den Serviceintervallen, und am Anfang meiner SR-Zeit habe ich mich daran gehalten. Mit der Zeit und vielen Kilometern, ich fahre jetzt seit 260tkm SR, habe ich die Werte und die Intervalle langsam geändert und mit dem jetzigen Modus fahre ich definitiv besser.

Grundlegend ist die Tatsache, dass es Motoren gibt, bei denen das Ventilspiel heiss zunimmt und solche, bei denen es heiss abnimmt, die SR gehört zur ersten Gattung und das ist mir recht so.

Basierend auf dieser Tatsache kann man eine vom Handbuch abweichende Praxis erarbeiten und anwenden.
Eine Grundvoraussetzung für alle weiteren Schritte ist, dass Ventile und Ventilsitze nicht mit Ölkohle zugepappt sind.
Das ist nicht immer gegeben, der originale Yamaha-Ölabstreifer kann ein Problem sein, ich habe das mehrmals erlebt.
Den Motor einmal richtig heissgefahren, verliert der Ölabstreifer viel  Wirkung, Öl gelangt in den Brennraum und erzeugt dort Ölkohle, nennenswert. Die  regelmässige Kontrolle der Zündkerze verrät  diese Ölkohle. Wer eine saubere Kerze sieht, hat mit grosser Wahrscheinlichkeit keine Ölkohle auf den Ventilen und -Sitzen. Entweder lässt der Ölabstreifer kein Öl durch oder es ist ein Öl, das gut abbrennt oder beides.

Ein Wiseco-Schmiedekolben mit dem von Wiseco gelieferten Ringesatz tut bei mir gute Dienste, Ölverbrauch nicht über 0,25 lit auf 1000km. Mit dem Yamaha-Kolben kommen einige auf 1 lit/1000.

Oft brennen einfache  Öle rückstandsärmer ab als hochadditivierte Öle, ich bin lange mit 30er Einbereichsöl gefahren, lange Touren in den Süden kann man auch mit 40er bestreiten.

Sorry dass ich so lange über Ölkohle schreibe, aber das ist für Ventile unverzichtbar in Verständnis und Funktion.

Ich stelle die Ventile kalt bei 20°C ein auf 0,05mm Einlass und 0,1mm Auslass. Das ist deutlich weniger als nach Handbuch, warum?

  • Der Motor läuft leiser.
  • Der Motor hat mehr Leistung, da die Ventile früher öffnen und später schliessen.
  • Die Serviceintervalle, das nötige Nachstellen, wird deutlich verlängert, da der Verschleiss am oberen Rand des Ventilschaftes weniger wird, der Kipphebel schlägt mit weniger "Anlauf" auf den Schaft.

Mir ist bewusst, dass diese Praxis der klassischen Lehrmeinung nicht entspricht. Ich mache das seit über 100tkm so ohne jegliche Schäden und die SR fährt besser damit. Ein paar Bemerkungen zu dieser Praxis:

  • Ein grosses Ventilspiel wird mit der Zeit im Allgemeinen immer  grösser, wegen Verschleiss am oberen Schaftende.
  • ein EFFEKTIV ZU KLEINES Ventilspiel wird mit der Zeit ganz verschwinden, weil Ventilteller und Ventilsitz verbrennen. Das ist das Szenario, welches alle verhindern möchten, ICH AUCH.

Dazwischen gibt es irgendwo einen optimalen Arbeitspunkt, wo beide Verschleisse, oberes Ende und Sitz, zusammen minimal sind, und diesen Bereich kann man sich erarbeiten. Ich lese das Handbuch so, dass mit den Werksvorgaben eine hohe Sicherheit eingebaut ist, und es ist meine Entscheidung, mit nominell weniger Sicherheit auszukommen, indem ich weitere Prüfungen vornehme, um tatsächliche Sicherheit zu haben. Wir haben eine freie Welt, und jeder kann alle 6000km das Moppi zur Werkstatt bringen und einstellen lassen bzw selbst einstellen.

  • Ich fahre schon fast 150tkm ohne Dekohebel, breiter Tank und flacher Lenker liessen dem Dekohebel keinen Platz. Bei jedem Start muss ich also mit dem Fuss langsam über den OT drücken. Wenn das Ventil nicht sauber schliessen würde, ginge das leicht. Aber bei meiner SR muss ich richtig arbeiten, um den OT zu überwinden.
  • In meinen wilden Jahren bin ich auch bei -5°C gefahren. Wenn die Ventile bei 20°C knapp s.o. eingestellt wurden, schliessen sie manchmal bei -5° nicht perfekt, das merkt man sofort. Wenn ich losgefahren bin, musste ich an der ersten Kreuzung etwas mehr Gas für den Leerlauf geben, sonst ging sie aus. Nach weiteren 500m ist der Motor so warm, dass er wieder dicht ist. Ich kann auf 1km und 2500 Umin keine Ventile verbrennen, unmöglich.
  • Ein weiterer Check ist die Prüfung bei betriebswarmen bis heissem Motor: einfach bei Geradeausfahrt Gas wegnehmen und Kupplung ziehen. Wenn die Ventile zu eng stünden, ginge sie aus bei einer Leerlaufdrehzahl von eingestellten 1200, kann jeder selbst prüfen.
  • Dieser Heiss-Test ist vor allem dann nötig, wenn man längere Zeit bummelig gefahren ist und die Möglichkeit bestehen KÖNNTE, dass man doch Ölkohle an den Ventilen hat. Fährt man dann zügig 200km BAB, kann diese Ölkohle verbrennen und das Ventil steht effektiv zu knapp, geht nicht mehr zu, das ist die Gefahr. Der Heisstest mit Standgas und Kupplung ziehen würde dieses Manko sofort offenbaren. Bei 4500 Umin geht der undichte Motor nicht aus, bei 1200 sofort. Ohne bewusst daran zu denken, mache ich den Heisstest mehrmals am Tag, kostet ja nichts,
    im Ausrollen auf die Ampel z.B. , so wie ich 20x am Tag den Blinker resette oder im Auto zwischendurch 5x die Handbremse löse, kostet nichts, schadet nichts, ist eingebaut.

Was ist jetzt das Ergebnis:

  • leichte Mehrleistung, ich habe keinen Prüfstand, merke es aber beim Fahren und andere Fahrer, die sich auf engere Werte eingelassen haben, bestätigen das.
  • kein Ventiltickern mehr
  • Kontrolle alle 10-15tkm, aber Nachstellen vielleicht nur alle 20-30tkm, häufig mache ich sie unverstellt wieder zu.
  • Wenn die Ventile zu weit stehen, höre ich das sofort, aber man sollte den Betriebszustand des Motors mit in Betracht ziehen, wenn man die Ventile einmalig, aber nicht dauernd hört.

Die gesamte Thermik des SR-Motors quer über die Betriebszustände ist relativ komplex. Nicht nur die momentane Motortemperatur ( an welcher Stelle soll man messen, alle Stellen sind verschieden heiss), sondern auch die Zeitachse ist entscheidend: ist der Motor in einer Phase des Heisserwerdens, der Gleichmässigkeit oder des Kälterwerdens? All das gibt im Detail minimmale Unterschiede beim Ventilspiel. Bergauf im Dritten mit 2/3 Gas oder bergab im Fünften fast ohne Gas geben andere Spiele, auch wenn der Motor "eigentlich" betriebswarm ist. Kupplung ziehen, Leerlaufdrehzahl studieren, dann sieht man das. Grösseres Spiel gibt höheren Leerlauf. Zylinder, Kopf und Ventile haben andere Temperaturen, andere Massen, anderes Material, nicht alles wächst und schrumpft im Gleichschritt. Meine Werte von 0,05/0,1mm sind aber weit genug, um gegen diese Abweichungen sicher zu sein.

Es ist selbstverständlich, dass zu einem optimierten Ventilmanagement eine sauber eingestelle Steuerkettenspannung gehört. Egal was im Handbuch steht, die Steuerkette stelle ich bei richtig heissem Motor ein. Wer sie kalt einstellt hat deutlich höheren Verschleiss, mehr Laufwiderstand, da der grosse Einzelhubraum eine grosse Bauhöhe ergibt und die Kette aus Stahl sonst beim heissen Block aus Alu merklich zu kurz würde. Auch hier sind die Effekte weniger Reibung und längere Serviceintervalle, vielleicht alle 20-25tkm.

Wer alle 6000km zm Service fährt, macht natürlich nichts falsch, das kostet nur Zeit und Geld, und 6000km sind nach zwei längeren Touren halt weg. Der Hersteller und die Werkstätten freuen sich über jeden Besuch. Neun von zehn Motorradschraubern werden sagen, mein Vorgehen sei Harakiri, ich kenne das nicht anders. Ich weiss dass es funktioniert und freue mich über die Vorteile.

Wer eine fein abgestufte Fühlerlehre hat, kann ja vorsichtig mit 0,08/0,15 anfangen. Gutes Gelingen, ruhigen Lauf wünscht

maro


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