RADPLAN DELTA
 
FELGEN
 
  Das wichtigste Teil am Fahrrad gibt es nicht, aber die richtige Felge ist schon sehr wichtig.
Heute ist der Trend, Felgen fast nur noch nach Gewicht auszusuchen, mit der Zielrichtung:
je leichter, je teurer, je besser. Das ist im Allgemeinen so ungültig bis falsch. Worauf kommt es an?
 
1) Das augenfälligste und wichtigste Merkmal ist die Felgenhöhe. Dort, wo früher Schlauchreifenfelgen mit 13mm Höhe normal waren, hat sich im Hochleistungsbereich mit Aluminium heute eine Profilhöhe von 24-30mm etabliert. Die Höhe verleiht der Felge schon im Nicht-aufgespeichten Zustand eine gewisse vertikale Starre, was für die Belastbarkeit des fertigen Rades und die Eignung für wenig Speichen Grundvoraussetzung ist. Es gibt Aerodynamikmessungen, wonach hohe Felgen besser als flachere Profile sind. Das ist der kleinere Teil der Wahrheit. Der grössere Anteil resultiert daraus, dass die höhere Felge ein Laufrad mit deutlich weniger Speichen ermöglicht, und das gibt dann den Aerodynamikgewinn. Zwischen Höhe und Gewicht wird dann ein relativ enger Zusammenhang bestehen, wenn der Hersteller sich an erprobte Wandstärken hält. 24mm Höhe wiegen dann ca. 400 bis 450 Gramm, 26mm ungefähr 450 bis 500g, 28mm zwischen 500 und 550g und schliesslich bringen 30mm ca. 600g auf die Waage. Felgen in dieser Bandbreite sind dann "normal", das heisst im Allgemeinen ausgewogene Konstruktionen ohne zuviel Speck, aber mit genug Sicherheit.
 
2) Die Formen waren früher Kasten-artig. Heute ist entweder das V-Profil wie z.B. Rigida DP 18 oder FIR SRG 30
und Mavic CXP 33 üblich, oder ein Trapez-ähnliches Profil wie Rigida DPX, Ksyrium oder FIR Mast. Eine wichtige Sonderform stellen die asymmetrischen HR-Profile dar, die entweder eckig wie bei Camp Nucleon oder tropfenförmig wie bei Ritchey, Smolik oder eben bei DELTA sind. Für geöste Felgen ist das Trapez günstiger, für glatt durchgebohrte das V-Profil.
 
3) Der Nippelsitz ist wichtiger als viele meinen. Eine normale Wandstärke der Felge ist ca. 1mm. Kein Nippel wird in einem 4mm grossen Loch dauerhaft in 1mm starkem Alublech halten. Ohne weitere Massnahmen wird es zu Einrissen am Lochrand führen.
a) Die konventionelle Methode ist die der doppelten Öse. Die Ösen alleine machen die Felge aber ca. 50g schwerer, ohne Gesamt-Stabilität zu erzeugen. Mit den heute üblichen Speichenspannungen setzen sich doppelte Ösen merklich und erfordern häufigeres Nachzentrieren. Klassischer Vertreter: Mavic Open Pro.
b) Einige Felgen gehen den Weg der einfachen Öse, verbunden mit einer Wandstärke von knapp 2mm um die Öse. Das funktioniert, obwohl weniger Aufwand als doppelt geöst, schon ganz gut; nur hinten rechts kann es zuweilen doch noch Ärger in Form von Einrissen geben.
 
c) Eine recht alte, aber technisch effektive Methode ist das Unterlegen von geeigneten Scheiben unter die Nippel. Wird bei einfacher Öse das Nippelloch noch 5mm gebohrt und dann geöst, reichen bei der Scheibenmethode schon 4mm für die Bohrung, so dass mehr Material trägt. Zudem ist die Scheibe im Durchmesser grösser als die einfache Öse und erzeugt dadurch weniger Druck. Es entsteht einmalige Mehrarbeit beim Einspeichen, um die Scheiben einzulegen. Diese finden aber sofort ihren endgültigen Sitz, da lose, und setzen sich später i.A. nicht mehr. Auf Felgenwandstärken von 2mm ist diese Scheibenmethode sicherer als einfache Ösen. DELTA benutzt Edelstahlscheiben mit abgerundeten Kanten, die nicht in den Nippel kerben. Ein typisches Produkt dafür ist die Felge der Sprint-Reihe.
d) Glatt durchgebohrte Löcher in V-Profilfelgen ist zwar das Einfachste, aber bei richtigem Profilquerschnitt auch das Sicherste und Leistungsfähigste. An der Nase, dort wo das V-Profil "um die Ecke" geht, findet sich auf begrenztem Raum eine Materialstärke von 3mm oder mehr. Da dieses Material fast nur auf einer Linie längs rund um die Felge anfällt, ist das Mehrgewicht gering. Ösen sind vergleichsweise aus schwererem Stahl. Da die höhere Materialstärke rund um die Felge geht und nicht auf die Nippelbereiche beschränkt ist, trägt dieses Material noch zur Erhöhung der vertikalen Belastbarkeit bei. Werden nun in dieses 3mm Material Nippel gesetzt, sind diese ausreisssicher und finden von Anfang an ihren endgültigen Sitz. Diese Art des Nippelsitzes erlaubt auch die höchsten Speichenspannungen für dauerhafte Räder. DELTA bohrt diese Löcher selbst und in allen 4 Nippel- Richtungen rechts, links, vorwärts, rückwärts perfekt orientiert.
e) Einige V-Profilfelgen haben an der Profilnase keine oder nur eine gering erhöhte Wandstärke. Mavic benutzt Inlets bei CXP 30 und CXP 33, die formgenau von innen in der Kante des V-Profils sitzen und den Druck des Nippels verteilen sollen. Die Auflagefläche ist jedoch noch relativ klein, so dass speziell mit CXP 33 höhere Speichenspannungen dazu führen, dass die Felge um diese Inlets deformiert wird, nachgibt und keine stabile Zentrierung mehr möglich ist. Ebenfalls bei der American Classic Sprint 350 Felge kann hohe Speichenspannung oder hohe dynamische Belastung des Nippels zu Defekten am Nippelsitz führen. DELTA verwendet eigene / exklusive leichte V-Profilfelgen, die es erlauben, von innen speziell geformte, grossflächigere Spezialscheiben einzusetzen, und dadurch auch bei einer 400 Gramm Felge stabilen Nippelsitz zu erreichen. Möglich ist das, weil das Felgenprofil gezielt so gewählt wurde, dass diese "Sättel", die dünn, zäh und leicht sind, in der Breite genug Platz vorfinden, was bei CXP 33 oder American Classic wegen der Enge im Profil nicht funktioniert. Diese ovalen Formteile erhöhen das Radgewicht nur um ca. 15 Gramm, sind damit leichter als Mavic-Hülsen und über die grössere Fläche trotzdem stabiler. Am Hinterrad sind sie notwendig.
f) Exotische Felgen verwenden zum Teil Zwischenböden im Profilinneren. Ambrosio FCS 28 ist der noch zivilste Vertreter, denn da reichen 16mm Nippel und sonst konventionelles Arbeiten. Höhere Felgen arbeiten dann häufig mit internen Spezialnippeln auf besonderen Pass-Formteilen. Die Zwischenböden erhöhen das Gewicht merklich, geben keine zusätzliche vertikale Festigkeit und sind i.A. so dünn, dass sie wirklich hohe Spannungen nicht vertragen. Da sie aber verdeckt liegen, sieht das keiner. Weder Nachzentrieren von aussen noch normale Teile - Logistik ist mit diesen Rädern möglich, und deshalb beschäftigt DELTA sich mit dieser Technik nicht.
 
4) Die Aluminiumlegierungen und die Art der Verbindung am Felgenstoss gehören zusammen.
Es gibt da 3 grundsätzlich verschiedene Bauarten:
 
a) Bestimmte Aluminiumsorten mit sehr guten mechanischen Eigenschaften werden vorzugsweise kalt verarbeitet. Die Verbindung erfolgt über eine Hülse, die lang genug sein muss, um bei Rädern mit wenig Speichen nicht lose zu werden und die zudem auch noch fixiert sein sollte. Die kurzen, unfixierten Hülsen einer DP 18 funktionieren bei 32 Loch gut, bei 16 Loch schlecht. Die längeren Hülsen von ALEX, Ambrosio, FIR oder REMERX sind stabil, erzeugen jedoch eine geringe dynamische Unwucht. Ein langes Ventil in Verbindung mit Erleichterungsbohrungen reduziert diese Unwucht auf ein praktisch nicht mehr relevantes Mass. Dafür ist diese Felgenverbindung aber sehr sicher.
Der Vorteil bestimmter Legierungen, speziell 6061 und 6082 liegen in der Kombination aus Festigkeit, Langlebigkeit und Bremsverhalten. Es hat DELTA - Laufräder mit mehr als 70.000km gegeben.
Das Bremsverhalten muss einerseits glatt, ohne Spanbildung und andererseits mit hoher Verzögerung sein. Speziell Alu 6061 hat hohe Reibwerte, was als positiven praktischen Nebeneffekt hat, dass sich Nippel deutlich weniger selbst losdrehen.
b) Einige Hersteller sind stolz auf ihre speziellen Aluminiumsorten, die rein messtechnisch in bestimmten Disziplinen höhere Werte abliefern. Praktisch gibt es aber gegenläufige Erfahrungen, dass Nippelsitze wegen Sprödigkeit reissen und dass Bremsflächen auch durch zivile Gummis schnell aufgerissen werden. Diese Eigenschaften betrachtet DELTA als praktisch wichtig für dauerhaftes Fahrvergnügen. Wer kennt das typische, schabende Bremsgeräusch von ?NAWIG? Diese Legierungen sind am Stoss verschweisst, was für die dynamische Unwucht definitiv von Vorteil ist, wenn die Schweissnaht fehlerfrei und die Oberfläche anschliessend perfekt geglättet ist. Mit einer Hülse hat man jedoch 100% Garantie über eingehaltene Wandstärken, was eine Schweissnaht nie kann. Der Verzicht auf eine Hülse bringt allerdings auch ca. 10 Gramm weniger Gewicht.
Ob die aktuellen Bestrebungen, die sekundären Probleme von Serie 7000 Aluminiumfelgen in den Griff zu bekommen, dauerhaft von Erfolg sind, muss abgewartet werden. Zusätze von Nubium oder Scandium werden auch getestet. Es sollte aber immer daran gedacht werden, dass Felgen ausser dem regulären Fahrbetrieb auch irreguläre Stösse vertragen müssen, und nur ein Profi bekommt im Wettkampf sofort neues Material ohne Kosten für den Fahrer. Der Rest der Welt muss die Rempler, die zum Schaden führen, selbst bezahlen.
Man kann sich fragen, ob Felgen so leicht werden müssen, dass nach einem eher harmlosen Unfall die Weiterfahrt unmöglich ist. Erfahrene Rennfahrer nehmen bei den Felgen gerne etwas mit Belastbarkeit und Sicherheit. Felgen mit Wandstärken von 0,6mm können nach einer Hand voll Passabfahrten im Regen vollständig unbrauchbar sein.
c) Drahtstifte am Felgenstoss sind eine einfache Verbindungsmethode für Produkte der unteren Preisklassen. Nach relativ geringer unregelmässiger Belastung kann die Verbindung hinüber sein, weil sie klafft und so ein faktischer Richtungsknick resultiert.
Dies Felgen sind nicht im DELTA - Programm.
 
5) Schlauchreifenfelgen bieten theoretisch bei sonst gleichen Bedingungen wegen der grösseren umschlossenen Profilfläche bessere Mechanik als Drahtreifenfelgen. In der Praxis ist es heute umgekehrt. Durch Innovation auf dem Drahtreifensektor hat eine klassische Überkompensation stattgefunden. Bessere Profile, besseres Material, neuere Technikumsetzungen machen Drahtreifenräder mit Aluminiumfelgen heute mindestens so leistungsfähig wie Schlauchreifenräder. Ausnahmen davon sind Schlauchreifen-Felgenprofile, die in fertigen Sätzen verbaut sind und nicht einzeln erhältlich sind und bestimmte Carbonkonstruktionen, die wegen der Schwäche! von Carbon am Felgenhorn natürlich zwangsweise als Schlauchreifenfelge diese Schwäche nicht mehr haben. Aber das ist kein wirklicher Vorteil, sondern der Wegfall eines Nachteils. Vor allem leidet der Schlauchreifen-Felgenmarkt am Mangel höherer und modern gestalteter Alu - Profile.
Mit klassischen Profilhöhen von 13mm ist mehr als ein 28/32 Laufrad-Satz stabil kaum baubar. DELTA arbeitet exclusiv an Schlauchreifensätzen mit einem sehr festen 22mm - Profil, dass ausnahmsweise eine tatsächliche Neukonstruktion ist und den State of the Art mitnimmt. Damit sind leistungsfähige Sätze der Lochungen 20/24 und 24/28 möglich.
 
6) Die Oberfläche der Felgen war früher im hochwertigen Bereich harteloxiert bis zu einer Tiefe von 50 Mikrometer. Diese Oberflächen konnten für Jahre riefenfrei bleiben, z.B. als Wolber TX oder Ambrosio Durex. Diese Zeit nimmt sich heute in der Produktion kaum einer mehr. 25 Mikron ist heute schon dick, und manches "optische" Eloxal ist nur 10 Mikron dünn.
Demzufolge ist der Verschleiss höher, da das Eloxal schneller durchgebremst ist. Danach steht natürlich noch die volle Alu-Wandstärke zur Verfügung. Viele Felgen sind aus abgedrehtem Duraluminium ohne Eloxal. Dann ist die Legierung und die Art der Bremsgummis entscheidend für die Lebensdauer. Wer bei gutem Wetter passende Gummis fährt mit ordentlicher Pflege, braucht sich keine Sorgen zu machen. Ich habe in 30 Jahren noch keine Felge durchgebremst. Wer viel bei Regen mit ungünstigen Gummis und span-fördernder Felgen-Legierung fährt, wird häufiger auf die Safety-Line achten müssen und rechtzeitig die Felge tauschen. Vergisst er das, ist es gerne die Situation des Rades im sonnenbeschienenen Kombi, wo dann der überhöhte Reifendruck die Felge vollends durch Wegsprengen des Felgenhorns zerstört. Rigida bietet mit der Oberfläche CSS, Carbide Supersonic, und Mavic mit Keramik Hartbeschichtungen an, die praktisch abriebresistent sind. Auf spezielle, härtere Bremsgummis und etwas erhöhten Gummiverschleiss muss man sich einstellen, doch dies ist billiger als neue Felgen plus Zentrieren. Im Winter fahre ich eine Rigida DPX mit CSS, der kann auch Streusalz die Bremsflanke nicht angreifen.
Der Felgenpreis steigt aber beträchtlich, da nur sehr wenige Hersteller oder Betriebe überhaupt diese Beschichtung durchführen können. Die Beschichtung selbst ist teurer als die rohe Felge!
 
7) Die Breite der Felge ist im Strassenrennsport fast immer 20mm. Die Streuung geht von 18mm wie bei DP 18 bis 22mm bei einer alten Paris-Roubaix. Vielleicht 90% liegen zwischen 19mm und 20,5mm. Einen 28mm Reifen sollte man im Interesse einer guten Seitenführung nicht auf eine 18mm Felge montieren, da er stärker seitlich wegklappt. Ansonsten hat sich mittlerweile etabliert, dass entgegen früheren Annahmen die Höhe wichtiger für die Stabilität ist als die Breite. Wenn heute besonders schmale Felgen angeboten werden, dann meistens, um bei reduziertem Gewicht im Interesse der Sicherheit Grenzen der Wandstärke nicht zu unterschreiten. Es ist nicht so einfach, im mehrdimensionalen Feld Höhe, Breite, Detailprofil, Gewicht, Wandstärke und Legierung den optimalen Arbeitspunkt zu treffen. Eine Felge, die diesen Punkt trifft, ist erstklassig.
Eine Felge, die von diesen Kriterien nur eines nicht optimal trifft, ist zweitklassig, so hart ist die Welt. Wenn DELTA gerne Felgen wie im SUPERCOMP oder MASTER verbaut, dann weil da ALLES stimmt.
 
8) Das Abstimmen von Eigenschaften im Hinblick auf maximale Leistung und Geschwindigkeit ist eine recht komplexe Aufgabe mit sehr vielen Parametern. Es hat sich kurzfristig der Trend entwickelt, dass viele glauben,
mit dem leichtesten Material sei man am schnellsten. Das ist nicht der Fall, das ist zu einfach. Räder müssen vor Allem beim Abrollen rund bleiben. Das hört sich seltsam oder selbstverständlich an, ist es aber nicht, denn JEDES Rad deformiert sich elliptisch, mehr oder weniger, auch wenn man es nicht sieht. Diese Ovalisierung ist der grösste Feind des günstigen Rollwiderstandes, der neben der Aerodynamik wahrscheinlich der zweitwichtigste Part ist. Nun trifft sich aber, dass eine geringe Ovalisierung und eine gute Aerodynamik beide dieselben Bedingungen stellen: Felgen ausreichender Höhe, mit genug "Fleisch" für hohe Speichenspannungen, das heisst sicheren Nippelsitz, damit das Rad fest, dauerhaft und leicht rollend wird.
Ohne einen gewissen Materialeinsatz, sprich Gewicht, geht das aber nicht. Wenn ein Athlet mit 80kg auf einem Superleicht LRS, Schlauchreifen auf einer Ambrosio Chrono Felge zum Beispiel mit 28 Revolution-Speichen fährt, wird er LANGSAMER, weil er ständig Energie zum Durchkneten des Rades verliert, ganz abgesehen von ständiger Wartung von Seitenschlägen und mässiger Aerodynamik. Wenn derselbe Athlet sich entscheidet, eine merklich schwerere asymmetrische Hinterradfelge in 27mm Höhe mit 20 verstärkten Messerspeichen zu fahren, wird er deutlich schneller und hat gleichzeitig Ruhe am Hinterrad. Dieser Standpunkt ist unpopulär, da heute scheinbar ein Rad über 8,25 kg zwangsweise zu einem Loser gehören muss. Wer den Prospekt mit den Gewichtsangaben mit unters Kopfkissen nimmt, damit er besser schläft, braucht 7kg Räder. Wer aber effektiv schnell fahren will und auch kann, sieht irgendwann ein, dass ein Laufradsatz mit 1650 bis 1750 Gramm verdammt schnell sein kann, trotzdem schon relativ leicht ist und dabei noch viel Sicherheit und Reserven bietet.
 
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