Einzelritzel
RADPLAN DELTA
 
KASSETTEN
 
Der Stoff, aus dem die Gänge sind
 
1) Physiologie / Abstufung
 
a) Im schnellen Bereich von 35 kmh und mehr sollen Gangsprünge eine Änderung von 6-8 % haben, wenn immer volle Leistung anliegen soll, so wie im Wettkampf oder bei ambitionierten Sportfahrern. Das heisst Einersprünge. Rechenbeispiel:
14 Zähne / 13 Zähne = Quotient 1,077 = 7,7 % Änderung. In diesem Bereich ist Leistung wegen der Aerodynamik auf gerader Strecke im Wesentlichen von der dritten Potenz der Geschwindigkeit abhängig.

 
b) Am Berg mit Geschwindigkeiten unter 20 kmh verliert die Aerodynamik zunehmend an Bedeutung. Hier wird Hubarbeit verrichtet, und die Leistung ist linear zur Geschwindigkeit. Also kann näherungsweise doppelt so grob abgestuft werden wie im Flachen bei hohem Tempo, also bis zu 16 % Änderung. Rechenbeispiel: 23 Zähne / 20 Zähne = Quotient 1,15 = 15 % Änderung.
Im Übergangsbereich mit Geschwindigkeiten von 25-30 kmh muss somit eine dazwischenliegende Änderung wie 18 / 16 = 1,125 = 12,5 % angestrebt werden.
Da die viele Ritzel einer Kassette sowohl auf dem grossen wie kleinen Blatt in unterschiedlichen Geschwindigkeitsbereichen gefahren werden, ist eine buchhalterisch perfekte Abstimmung nicht zu erreichen; trotzdem gibt es physiologisch bessere und schlechtere Kassetten.
Ein Beispiel ungünstiger Abstufung ist z.B. eine 9x mit 23x25 als grösste Ritzel, da 25 / 23 = 1,087 = 8,7 % die Änderung am Berg unnötig fein ist. Da ist 24x27 mit 27 / 24 = 1,125 = 12,5 % Änderung schon sinnvoller.
Ziel ist es, mit einer gegebenen Ritzelanzahl eine möglichst grosse Bandbreite zu erreichen ODER eine erforderliche Bandbreite mit so wenigen Ritzeln wie möglich hinzubekommen. Heute setzt sich in manchen Bereichen allerdings mehr die Einstellung durch, soviele Ritzel wie möglich zu haben, auch wenn viele Übersetzungsverhältnisse annähernd doppelt vorkommen und an manchen Stellen die Sprünge unnötig klein sind. Das kostet Geld, Gewicht und Hinterradstabilität!
 
2) Material
 
a) kleine Ritzel aus gehärtetem Stahl, im hochwertigen Bereich meistens verchromt.
 
b) Für grosse Ritzel ab ca. 21 Zähnen reicht gehärtetes Aluminium. Aluminiumritzel sollen aber noch eher als alle Ritzel sowieso mit einer sauberen, geölten Kette gefahren werden. Sand hat da nichts zu suchen, deshalb haben Aluritzel am MTB keinen Platz.
 
c) In teuren Paketen wird für grössere Ritzel heute Titan verbaut. Es hat gegenüber Aluminium eine grössere Härte und erlaubt das konsequentere Anbringen von Schaltweichen, die flachere Zähnen an bestimmten Stellen verlangen. Aluminium ist dafür nicht so gut geeignet. Schaltungstechnisch ist allerdings bei grossen Ritzeln auch nur eine weniger ausgeprägte Schaltweiche nötig, wodurch Aluminium praktisch auch geht. TA mit Kheops und MICHE Supertype beweisen das. Titan hat von seiner Natur her etwas schlechtere Gleiteigenschaften und ist trotz des hohen Preises nicht das optimale Material.
 
3) Dimensionen / Dicke
 
a) Zu 5x und 6x Zeiten war die Ritzeldicke 2 mm, die Zwischenringe ca. 3,7 mm.
b) Shimano 7x hatte 1,8 mm Ritzel mit 3,15 mm Ringen.
c) Shimano 8x hatte 1,8 mm Ritzel mit 3 mm Ringen.
d) Camp 8x hatte ca. 3,25 mm Ringe.
e) Shimano 9x hat 1,75 mm Ritzel und 2,5 mm Ringe.
f) Camp 9x hat ca. 2,8 mm Ringe.
g) Shimano 10x hat ca. 1,6 mm Ritzel und ca. 2,2 mm Ringe.
h) Camp 10x hat ca. 1,7 mm Ritzel und 2,3 mm Ringe.
 
  Diese Maße sind nicht justitiabel und nur als Anhalt zu sehen, damit man sich eine Vorstellung machen kann, wie sich die Abstände über die Zeit drastisch verringert haben. Gleichzeitig sieht man die Inkompatibilitäten der Systeme bzw. die Möglichkeiten und Richtung, ein System in ein Anderes zu integrieren. Es gab schlauere und weniger intelligente Entwicklungsstufen. So verbrauchten SH und CA 8x Systeme schon absolut viel Platz und hatten dafür relativ wenige Ritzel.
Leider ist der gestiegene Platzbedarf heutiger Ritzelpakete ein beschränkender Faktor zum Bau optimaler Hinterräder.
 
4) Formen
 
a) unprofiliert, typische Vertreter Maillard 7x oder alte Alu - Hügis.
b) Uniglide UG von Shimano, verdrehte Zähne, vor- und rückwärts einsetzbar, auch wenn Shimano das nie zugab. Dadurch länger fahrbar. In jeder Position aufsteckbar, Zähne lassen sich am Schleifstein von Hand auf ein Mass ca. 0,2 mm länger als die aktuellen HG Zähne kürzen, dann schalten UG besser als Original, zwar schlechter als HG, halten aber immer noch länger als HG.
c) kurz gebaute Zwischenform von Shimano: Haifischflossen - Zahnform, schalten relativ gut, sind in jeder Position aufsteckbar, laufen aber nur vorwärts.
d) Shimano Hyperglide HG, sehr schaltwillige Zahnform mit Schaltweichen, extrem kurzen Zähnen und ovalen, nicht runden Bögen zwischen den Zähnen. Durch diese Form etwas empfindlich gegen frühes Überspringen der Kette bei Verschleiss oder nach Kettenwechsel
e) Camp Exadrive ED, profilierte Zähne mit Schaltweichen, nur in einer Orientierung steckbar, mit Ergopower verbesserungswürdiges Schaltverhalten, deshalb später:
f) Camp Ultradrive UD, modifizierte Zahnform.
g) SRAM R9 / PG 970 Kassetten Powerglide II, mit Schaltweichen schalten ähnlich gut wie HG, haben aber etwas längere Zähne, was der Haltbarkeit zugute kommt. Tendenziell Haifischflossenform - Zähne.
h) Suntour und frühere Sachs - Maillard / Aris sind praktisch nicht mehr anzutreffen.
i) Die aktuellen 10x Kassetten haben einen grundlegenden Unterschied zu 9x Systemen. Das grösste Ritzel "überbaut" in Richtung Speichen, dass heisst es geht weiter nach innen als der Anschlag auf dem Freilaufkörper hergibt. So wird zusätzlicher Platz gewonnen. Möglich ist dies durch die Verwendung von Aluträgern in Spinnenform, auf die einige grosse Ritzel genietet werden. Somit braucht sich das grösste Ritzel nicht mehr am Freilaufkörper - Anschlag zu orientieren, es geht weiter drauf. Einzelritzel können das so bisher nicht. DELTA arbeitet daran, mit MICHE und TA Ritzeln in Zukunft auch 10 fach Pakete so frei wie möglich zusammenstellen zu können.
 
5) Schaltweichen und ihre Position
 
  Auf dem Umfang der Zahnung sind einzelne Zähne mit besonderer Form, die den bevorzugten Übergang zum Nachbarritzel ermöglichen. Moderne Bremsschalthebel - Systeme funktionieren ohne das Hilfsmittel der Schaltweiche praktisch kaum, da durch den längeren Schaltzugweg von der Bremse bis zum Schaltwerk das Schaltsignal so gefedert und gedämpft wird, dass mit alten, unprofilierten Zahnformen nur noch ein frustriertes Rattern zu hören wäre statt eines zügigen Schaltvorganges. ( Mit den immer noch erhältlichen 9x Rahmenhebeln braucht man allerdings KEINE HG - Kassetten, da schalten auch UG Ritzel noch sauber! )
Werden originale Ritzelpakete verwendet, braucht der Fahrer sich um die Position der Schaltweichen nicht zu kümmern, da die Ritzel ohne Modifikation nur in einer Orientierung aufsteckbar sind.
a) Grundsätzliche Lage
Betrachtet man eine Kassette von rechts, dreht sie so, dass eine Schaltweiche des grössten Ritzels auf 12 Uhr zeigt, so liegt die Schaltweiche des zweitgrössten Ritzels ca. einen Zahn weiter rechtsherum, also vielleicht auf 1 Uhr.
Die Schaltweiche des drittgrössten Ritzels liegt noch weiter rechts herum, also vielleicht auf 2 Uhr usw.
Da grosse Ritzel 2,3 oder 4 Schaltweichen haben, kleine Ritzel manchmal nur noch eine, gibt es ausser Schaltgassen auch manche Schaltsackgasse, dies ist aber nur logisch relevant, praktisch stört es nicht.
b) Gründe, Schaltweichen umzupositionieren
Die liebe Industrie sagt: neue Kette, neue Kassette, Gerhard sagt: Basta!
DELTA sagt: das muss nicht sein. Kette nach Überschreiten der Verschleissgrenze, praktisches Mass 133,0 mm für die Messung innerhalb von 12 Kettenrollen, tauschen, probefahren und feststellen, welche Ritzel überspringen. Diese Ritzel einzeln tauschen. Ein 11er oder 12er kann schon mal unter Last brummen, ohne dass es überspringt, dann auch tauschen. SRAM bietet Einzelritzel, die liebe Kassette vom letzten Jahr ist noch da, DELTA bietet eine Reparatur / Ergänzungskassette an und so weiter. Mit etwas Phantasie gibt es schon noch Einzelritzel, der ordentlich konservative Händler hat auch noch vielleicht eine UG - Ritzelwand.
ABER: Was ist mit den Schaltweichen? Liegen diese für den neuen Einsatz an der richtigen Stelle? Falls nein, Ritzel ausprobieren, ob es schlechter schaltet. Wird meistens so sein, kommt aber auf die Lage des Ritzels und den Zustand der Schaltung an. Nicht aufgeben, sondern:
c) Schaltweiche verlegen
Ritzel in den Schraubstock spannen. Die Innenverzahnung von HG hat 9 Rechteckprofile, 9 Nasen plus 9 Nuten. Eine Nase ist breiter. Mit einer schön scharfen Feile diese eine breitere Nase auf die geringere Breite der anderen Nasen bringen. Natürlich aufpassen, dass man von der richtigen Seite wegnimmt, damit auch 9 gleiche Nuten entstehen. Die Ritzel sind hart, aber mit gutem Werkzeug geht es. Danach kann man das Ritzel in JEDER Position auf den Freilaufkörper stecken. Also wählt man diejenige Stellung, in der die Schaltweiche des modifizierten Ritzels wieder möglichst optimal zu dem Nachbar darunter und darüber sitzt. Manchmal ist es beim Kassettentunen die zeitsparendste Lösung, von ALLEN Ritzeln die breiten Nasen zu egalisieren, um nicht ständig neu denken oder probieren zu müssen, sondern völlig freie Hand zu haben. Es mag Zeitgenossen geben, die sich davor ängstigen, hinterher die Ausgangssituation nicht wiederzufinden. Das ist weitgehend unbegründet, denn Ritzel derselben Familie haben eine entsprechende Codierung. Die Bearbeitungsspuren und kleine Dreiecke bei Shimano erleichtern diese Arbeit.
Ansonsten ist es WURSCHT, was auf dem Ritzel steht, wenn die Schaltweiche an der richtigen Stelle ist und es folglich auch richtig schaltet.
 
6) Freie Zusammenstellungen (Ritzel nur für Laufradkunden)
 
a) Logistisch einfach und sicher sind über DELTA MICHE-Stahlritzel von 11-28 Zähne, für 10x und 11x auch 29 Zähne. MICHE hat auch für nominell 11fach Alu-Einzelritzel mit 27, 30, 32 Zähnen. Davor und dahinter müssen spezielle Spacer, die sich nur in Zusammenstellung der kompletten Kassette ergeben. I. A. deshalb keine Einzellieferung.
b) Shimano 105er Kassetten / HG 70 / LX, sind durch 3 Mini - Inbusschrauben verbunden. Diese Schrauben oder Nietstifte herausdrehen oder töten, sie haben nur Montageerleichterungsfunktion, man braucht sie nicht wirklich.
c) Ultegra CS 6500 hat in der Mitte der Kassette eine vernietete Zweiergruppe. Nieten ausschlagen, es sind dann zwei vollwertige Ritzel plus vollwertige Distanz.
VORSICHT: Die grossen Ritzel der Ultegra sitzen auf einem Alu - Stern, das muss so bleiben. Was geht: zu bestimmten Zwecken den 1,75 mm hohen Kragen auf der Innenseite des Sterns mit einem Schleifzylinder abarbeiten oder wegfräsen.
d) DA CS 7700: denkbar ungeeignet in vielen Positionen, nichts auseinanderbauen.
Zudem ist die Materialhärte der DA Stahl-Ritzel nicht so gut wie Ultegra, das tut weh!
e) Zu beachten: Seit der unsäglichen Generation CS7800 gibt es Ritzel und Spider mit hoher Verzahnung. Das größte Ritzel oder der große Spider rutschen dann bei bestimmten Freiläufen unvorhersehbar zu weit auf den HG-Freilauf-körper. Abhilfe schafft ein 0,5 oder 1 mm starker Spacer, der als erstes auf den Freilaufkörper montiert wird.
 
7) Verschlussringe
 
a) Shimano Stahl für Kassetten ab 12 Zähnen, Nachteil: Gewinde recht kurz, dadurch für Alufreiläufe kritisch.
Seit der Generation CS6700 gibt es Verschlüsse aus Alu mit hohem Gewinde; diese sind für Alu-Freiläufe sicher.
b) Shimano für Kasetten ab 11 Zähnen hat i. A. etwas höhere Gewinde als die Stahl-Verschlüsse auf 12 Zähnen.
c) Technisch optimal und günstig sind die MICHE-Stahlverschlüsse, weil sie ein deutlich höheres Gewinde haben.
Für die neuen 11fach-Kassetten hat MICHE auch Alu-Verschlüsse mit hohem Gewinde; nicht einzeln kaufbar.
d) Camp liefert die Verschlüsse traditionell zu den Naben und hat über die Generationen ein minimales Gewindemass-Wirrwarr angerichtet. Das aktuelle Mass ist 27x1; alle anderen Fälle bitte ausdrücklich angeben.
 
8) Abstufungsempfehlungen, nur eine Auswahl, generelle Überlegung: die kleinen Ritzel fein, die grossen grob!
 
a) 11x12x13x14x15x17x19x21x24
b) 11x12x13x14x16x18x20x23x27
c) 11x12x14x16x18x20x23x26x30
   
d) 11x12x13x14x15x16x17x18x20x23
e) 11x12x13x14x15x16x18x20x23x26
f) 11x12x13x14x16x18x20x22x25x29
g) 11x12x13x14x16x18x20x23x27x32
   
h) 11x12x13x14x16x18x20x23
i) 11x12x13x15x17x19x22x25
k) 11x12x14x16x18x20x23x27
 
9) Bitte nicht vergessen, dass die optimale Schaltqualität nur erreicht wird, wenn die Justierschraube für den Schaltwerksabstand zu den Ritzeln richtig eingestellt ist. Bei Shimano ist sie am oberen Gelenkbolzen des Schaltwerks und drückt auf eine Nase am Schaltauge. Für grössere Ritzel Schraube rein, für kleinere raus.
Bei Campagnolo ist sie am unteren Gelenkbolzen, also dem für den Rollenkäfig. Für grössere Ritzel Schraube raus, für kleinere rein.
Kette vorne aufs kleine Blatt, hinten aufs grösste Ritzel. Durch Verdrehen der Schraube den Abstand der oberen Leitrolle zum grössten Ritzel so einstellen, dass maximale Annäherung erfolgt, OHNE dass die Kette dazwischen klemmt bzw. in eine waagerechte Position zwischen Leitrolle und Ritzel gerät. Sie muss noch ein kurzes Stück schräg von der Leitrolle weg zum Ritzel hin laufen.
 
10)  DAS WICHTIGSTE: Anschliessend viel Spass beim Fahren!
 
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